Nationalstaat

sprachliche Herkunft

von natio, Nation und Staat

Entstehung

Nation und Nationalstaat sind nicht das Gleiche!
Schafft sich eine Nation eine eigene Staatlichkeit, entsteht ein Nationalstaat. (Staatlichkeit ist eine Eigenschaft, Staat ist kein materielles Objekt, sondern ein organisatorisches Gebilde.)
Die Schaffung eines Nationalstaates geschah leider nie durch eine interne Selbstorganisation, sondern meistens durch dominante Gruppen / Schichten, welche fast immer einen überproportionalen (meistens sogar exklusiven) Einfluß auf die Gestaltung (meistens über die Gesetzgebung) des Nationalstaates haben. Das Denken und Verhalten der einzelnen Individuen des Staates wird durch die herrschende Gruppe mittels Gründungsmythen, Märchen, Legenden, Symbolen (Fahnen, Hymnen), Erziehungs- und Bildungssystemen zielgerichtet beeinflußt (manipuliert).
Staatliche Institutionen (= Organisationsstrukturen) führen zu einer neuen gesellschaftlichen Qualität. Außengrenzen und eine eigene (ursprünglich autonome / autarke) Volkswirtschaft führen zu einer Verdichtung / Kohäsion der nationalen Bevölkerung.

Abgrenzung zwischen ´Innen´ und ´Außen´

Die Konstitution eines Nationalstaates verdeutlicht zugleich den Unterschied zwischen ´Innen´ und ´Außen´. Diese Abgrenzung ist unvermeidlich und eigentlich nur die Fortsetzung der zur Gruppenbildung neigenden Menschen auf der nächsten Stufe: von der Zugehörigkeit zu einer Schulklasse, einem Arbeitskollektiv, einer Fußballmannschaft ist es nicht weit bis zur Staatsbürgerschaft in einem Nationalstaat. Q: ZME 2017, 112, S.66

Abgrenzung ist ein Prinzip der Natur. Ohne Abgrenzung wäre alles eine homogene, strukturlose Suppe.

Bei der Abgrenzung zwischen ´Innen und Außen´ kommt es zum Konformismus nach Innen (der sich bis zur Repression steigern kann) und der Abwehr nach ´Außen´ die sich bis zur Aggressivität / Bekämpfung gegen alles Fremde steigern kann. Der konformistische Zwang erzeugt eine Art ´nationaler Identität´. (S. 66) Die Identifizierung mit einer Nation ist eine Mischung aus gesellschaftlicher Realität (freiwillige Zugehörigkeit), Klischees, Ressentiments und Mythen, die dem einzelnen Individuum nicht unbedingt bewußt sein muß.

historische Durchsetzung

Nationalstaat und Kapitalismus scheinen … zusammen zu gehören. Die ersten Nationalstaaten waren jene Länder, in den die kapitalistsichen Produktionsformen (zur damaligen Zeit) am weitesten entwickelt waren: England und Frankreich. Q: ZME 2017, 112, S. 64
„Eric Hobsbawn datiert den Beginn der Nationalstaaten auf das Jahr 1780. Nationalstaaten seien ein neues geschichtliches Phänomen, deren Entstehung zusammen mit dem Aufkommen des Kapitalismus betrachtet werden müsse. Im Feudalismus würden Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnis Hand in Hand gehen, anders als im Kapitalismus, wo Werktätige und Kapitalisten einander als freie und gleichberechtigte Marktteilnehmer auftreten. Beide in ihrer Rolle als Warenbesitzer, die im Kaufen und Verkaufen einen optimalen Tausch anstreben.“ Q: Kai Wagner, ZME Heft 113, 2018, S. 129

Dem kann man eigentlich nicht so richtig zustimmen, dem muß man eigentlich widersprechen. Was ist mit den alten Reichen (Ägypten, Perser, Griechen, Rom)? Das waren doch nichts anderes als riesige Staaten. Den Sklaven wurden die hergestellten Waren genauso abgenommen, wie dem heutigen Arbeiter.

Hierarchie der Nationalstaaten

Leider haben nicht alle Nationalstaaten die gleichen Rechte. Es gibt eine Hierarchie in den Rechten der Nationalstaaten. Die USA haben ihre multinationalen Konzerne durchaus im Griff, sogar andere Länder werden an die Kandare genommen, wenn es sein muß (wie z.B. die Abschaffung des Bankgeheimnisses in der Schweiz). Im Welthandel gelten us-amerikanische Gesetze sogar gegen ausländische Unternehmen, so daß die USA Sanktionen durchsetzen kann, von denen Kuba oder Iran nur träumen. Die USA ist also eine andere Liga als der Tschad, die Mongolei oder Korea.

Querverweise

Patriotismus, Nationalismus