Messen

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Der Grundvorgang des Messens ist das Vergleichen. (siehe auch Kapitel Komparabilität)

Messen von Längen

Den Menschen wird als erstes aufgefallen sein, daß jeder Gegenstand eine räumliche Ausdehnung hat. Ein abgebrochener Ast im Wald hat z.B. eine gewisse Länge. Nun gibt es nicht nur einen abgerochenen Ast im Wald, sondern viele. Wir nehmen zwei beliebige Äste, legen sie nebeneinander und vergleichen deren Längen. Als Ergebnis des Vergleichens gibt es nur 3 Resultate: entweder der eine Ast ist länger, kürzer oder gleich lang wie der zweite Ast.

Wie kommen wir nun vom Vergleichen zum Messen?

Wir bestimmen einfach, wie viele Male man den kürzeren Ast anlegen kann, um die gleiche Länge zu erreichen, die der lange Ast hat. Wenn man den kürzeren Ast zweimal aneinander legen muß, um die Länge des langen Astes zu erhalten, dann ist der lange Ast doppelt so lang wie der kurze Ast. Wenn man den kurzen Ast dreimal aneinander legen muß, dann ist der lange Ast dreimal so lang wie der kürzere Ast. Um es zu vereinfachen, bezeichnen wir die Länge des kurzen Astes mit lk, die Länge des langen Astes mit ll. Im ersten Beispiel ist ll = 2 * lk, im zweiten Beispiel ist ll = 3 * lk.

Wenn der lange Ast trotz dreimaligen Anlegens des kürzeren Astes immer noch länger ist, aber kürzer als bei einem viermaligen Anlegen, kann man den kurzen Ast z.B. in zwei Hälften teilen und die eine Hälfte an die drei anderen Längen legen. Wenn der kürzere Ast dreimal plus eine Hälfte genauso lang ist wie der lange Ast, dann ist der lange Ast 3,5 mal so lang wie der kürzere Ast, oder ll = 3,5 * lk.

Wenn wir die Länge des kürzeren Astes jetzt als Standard definieren, dann ist Messen das Bestimmen des Vielfachen, bis beide Längen (ll und z * lk) gleich lang sind (also ll = z*lk).

Als Standardlänge dienten bisher viele verschiedene Gegenstände oder Objekte. Früher wurde häufig die Länge des Unterarms oder des Fußes eines Königs als Standard verwendet. Die Größe eines Dorfes wurde z.B. mit Hilfe einer bestimmten Anzahl von Fußlängen des Dorfhäuptlings bestimmt. Der Dorfhäuptling schritt die Dorfstraße Fuß um Fuß ab und hat dabei vielleicht bis 2356 gezählt. Die Länge der Dorfstraße wurde also mit 2.356 Fuß bestimmt, was eigentlich nur das Vielfache der Fußlänge des Dorfhäuptlings war. Hätte ein Kind die Straße abgeschritten, wäre es vielleicht auf 3245 gekommen, weil seine Füße eben noch etwas kleiner waren als die des Häuptlings. An der Länge der Dorfstraße hat sich aber nichts geändert. Die Dorfstraße ist und bleibt gleich lang, egal ob sie von einem Kind oder einem Erwachsenen abgeschritten wird. Weil es sehr unzweckmäßig ist, wenn jeder Dorfbewohner die Länge der Dorfstraße in einer bestimmten Anzahl seiner eigenen Fußlänge bestimmt, einigte man sich auf ein sogenanntes Normal- oder Standardmaß: eben die Länge vom Fuß eines Häuptlings.
Sie ahnen schon, daß auch das nicht die finale Lösung sein konnte, denn wenn man den Abstand zwischen 2 Dörfern bestimmen wollte, hatte man 2 Häuptlinge mit verschieden großen Füßen.

Längeneinheit

Zur Definition einer Größeneinheit ist man immer an eine reale Menge gebunden. Zur Festlegung einer Längeneinheit ist man immer an eine reale Menge oder Objekt gebunden. Früher diente die Länge eines realen Körperteils als Längeneinheit. Man sagte, ein Fuß ist 1 Fuß lang. Die Bezeichnung „1 Fuß“ wird damit sowohl als Mengen- als auch als Längeneinheit verwendet, aber niemand würde auf die Idee kommen, daß das Objekt Fuß das Gleiche sei wie die Länge 1 Fuß.
Natürlich wußte man, daß die Länge der Füße zwischen den Menschen ganz verschieden ist. Also dienten die Extremitäten der Herrscher als Standard. 1 preußischer Fuß war zwar länger als ein Thüringener Fuß, aber kürzer als ein Pariser Fuß.

Die Internationale Kommission für Maße und Gewichte legte im Jahre 1889 fest, daß der 40 Millionste Teil vom Erdumfang 1 Meter genannt wird. Man fertigte einen Stab aus Platin an, der exakt dieser Länge entsprechen sollte und hatte damit einen für alle Menschen dienenden Vergleichsmaßstab, weil ja alle Menschen auf derselben Erde wohnen.
Alle anderen Entfernungen werden nun als Vielfaches des Platinstabes angegeben. Wenn sie auf dem nächsten Straßenschild die Entfernungsangabe „44 km“ lesen, dann könnten sie den Standardstab vierundvierzigtausendmal mal hintereinander legen und würden auf 44.000 m = 44 km kommen.

Im Jahre 1983 wurde eine noch genauere Länge als Standardmaß gewählt. Die neue Länge des Standardmaßes entspricht dem Weg, welches ein Photon im Vakuum in einer Sekunde zurücklegt. Auch diese Strecke wird 1 Meter genannt. 1 Meter ist somit gleich 1/299.792.458 * c [km/s] * 1s. (c ist die Geschwindigkeit des Lichtes im Vakuum). Die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist die in der Natur maximal erreichbare Geschwindigkeit. Schneller als mit Lichtgeschwindigkeit können sich weder Materie noch Unterschiede in elektromagnetischen Feldern ausbreiten. Man spricht deswegen auch von einer Naturkonstante, obwohl die Lichtgeschwindigkeit in dichter Materie kleiner ist als die im Vakuum. Die Lichtgeschwindigkeit in Glas beträgt nur noch ca. 160.000 km/s, im Inneren der Sonne bewegt sich ein Photon nur noch mit ca. 2,2 Mikrometer/Sekunde.

Natürlich gibt es noch andere Längeneinheiten: Inch, Zoll, Elle, Yard, Faden, Meile. Die Atomphysiker messen in Angström, die Astrophysiker in Parsec. Man kann beliebig viele Längeneinheiten bilden, aber alle sind sie an die räumliche Ausdehnung einer realen Menge gebunden.

Flächen- und Raummaße

Die Flächen- und Raummaße sind wiederum nur eine Widerspiegelung der räumlichen Eigenschaften der Natur, in der es eben 3 rechtwinklig zueinander stehende Dimensionen gibt. Der Quadratmeter ist jene Fläche, die zwischen zwei senkrecht aufeinander stehenden Längen von jeweils 1 m aufgespannt wird. Beim Kubikmeter wird auch die dritte Dimension durch eine senkrecht auf der Fläche stehende Länge von 1 m eröffnet.

Messen von Massen

Nehmen Sie bitte einmal in jede Hand einen Gegenstand und sagen Sie, welcher Gegenstand schwerer ist. Dazu wägen Sie die beiden Gegenstände gegeneinander ab und können anhand der Kraft, welche Ihre Arme brauchen, um die Gegenstände zu halten, bestimmen, welcher Gegenstand schwerer ist.

Man kann die Masse einer realen Menge nicht ohne eine zweite Masse angeben. Wenn wir eine Menge M1 betrachten, so besitzt diese eine Masse m1. Wie groß m1 ist, können wir aber nur sagen, wenn wir sie mit der Masse einer zweiten Menge M2 vergleichen. Wir können also nur sagen: m1 ist das Vielfache von m2, wobei das Vielfache auch ein Bruchteil sein kann. Mathematisch wird dieser Zusammenhang folgendermaßen ausgedrückt:
m1 = z * m2 (wobei z hier für eine beliebige rationale Zahl steht).

Die Grundlage der Gewichtsmessung ist also wieder ein Vergleich. Angenommen Sie haben 2 Gesteinsmengen unterschiedlicher Zusammensetzung aufgehoben. In der linken Hand halten Sie beispielsweise einen großen Granitbrocken, in der rechten Hand einen Kieselstein. Durch das händische Abwägen beider Steine, merken Sie, daß der Granitbrocken schwerer ist. Wenn wir die Masse des Kieselsteins mit mK und die Masse des Granitbrockens mit mG bezeichnen, liefert der Vergleich mK < mG.
Wer schon einmal das Gewicht zweier Mengen per Handwägung verglichen hat, weiß, wie schnell man sich damit verschätzen kann. Aus diesem Grund haben die Menschen schon ziemlich frühzeitig angefangen, Waagen zu bauen. Dazu haben Sie einfach die ausgestreckten Arme nachempfunden. Sie haben die zu vergleichenden Mengen an die beiden Enden eines Stabes gebunden und den Stab in der Mitte auf eine Kante gelegt – fertig war die Balkenwaage. Wenn sich der Stab zu der einen Seite geneigt hat, war die Menge auf dieser Seite schwerer als die auf der anderen Seite. Wenn der Stab im Gleichgewicht blieb, waren die Massen beider Mengen gleich.

Wenn man jetzt 2 Kieselsteine braucht, um die Balkenwaage mit dem Granitbrocken am anderen Ende ins Gleichgewicht zu bringen, kann man sagen, daß der Granitbrocken doppelt so schwer ist wie ein Kieselstein: mG = 2 * mK.

Ich habe stillschweigend vorausgesetzt, daß beide Kieselsteine gleich schwer sind, was ja theoretisch möglich ist. Im Allgemeinen gibt es in der Natur aber keine genormten Kieselsteine, so daß die Menschheit ein anderes Massemaß gewählt hat.

Masse- oder Gewichtseinheit

Das wohl älteste Massemaß dürfte das Gewicht von 7 Weizenkörner gewesen sein. Die Masse von 7 Weizenkörnern hat man mit 1 Gran bezeichnet. Angenommen, man mußte 28 Weizenkörner in die eine Waagschale legen, damit die Balkenwaage mit einem Kieselstein auf der anderen Seite im Gleichgewicht blieb, dann hatte der Kieselstein die Masse von 4 Gran und der Granitbrocken ein Gewicht von 56 Gran. Allerdings gibt es in der Natur auch keine genormten Weizenkörner, so daß die Menschheit im Laufe ihrer Entwicklung zu Metallgewichten überging – das Prinzip der Gewichtsmessung ist und bleibt aber der Vergleich mit einem als Standard festgelegten Gewicht.

Historisch gesehen gab es zig verschiedene Gewichtsstandards, bis sich eine Internationale Kommission auf das Gramm als Standard geeinigt hat. 1 Gramm ist die Masse von 1 cm³ reinen Wassers bei 4° Celsius. Um das Massennormal zu bestimmen, greifen wir zunächst auf ein von Menschen gemachtes Längennormal zurück. Man teilte die Längeneinheit 1 Meter in 100 gleich große Teile und nannte jeden Längenteil 1 Zentimeter. Anschließend fertigte man einen Würfel mit der Kantenlänge von 10 cm und füllte dort reines, destilliertes Wasser mit einer Temperatur von 4° C hinein. Die Masse von 1.000 cm³ reinem destillierten Wasser von 4° C bezeichnete man als 1 Kilogramm. „4 °C“ hört sich zwar auch sehr menschlich an, ist aber der Temperaturpunkt, an dem das Wasser seine größte Dichte hat. Dies wiederum ist eine sehr natürliche Eigenschaft des Wassers. Natürlich ist Wasser als Vergleichsmenge sehr unhandlich, so daß man einen Zylinder aus einer Platin-Iridium-Legierung anfertigte, der genauso schwer ist, wie 1.000 cm³ reines destilliertes Wasser bei 4° C. Die Masse dieses Zylinders beträgt also auch 1 kg, so daß dieser Pt-Ir-Zylinder als Urkilogramm bezeichnet wird.

Natürlich gibt es auch noch andere Gewichtseinheiten: Gran, Unze, Pfund, Quarter, Schekel, Talent, Zentner, Tonne. Auch hier kann man beliebig viele Einheiten festlegen, aber auch diese spiegeln alle nur die Masse-Eigenschaft von realen Mengen wider.

Messen der Zeit

siehe Zeitmessung